Tanz und Elternschaft: Neue Strategien für faire Care-Arbeit in München
Am 23.09.2025 fand in München ein Symposium über Tanz und Elternschaft statt, das Herausforderungen und Lösungen für Care-Arbeit diskutierte.

Tanz und Elternschaft: Neue Strategien für faire Care-Arbeit in München
Am vergangenen Wochenende fand in München ein besonders aufschlussreiches Symposium mit dem Titel „Tanz und Elternschaft – Strategien für faire Care-Arbeit in der Kultur“ statt. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Tanzbüros München versammelten sich Fachleute und Interessierte in den Labor Ateliers des Münchner Kreativquartiers, um über ein hochaktuelles Thema zu diskutieren: die Herausforderungen von Eltern, insbesondere in der Tanz- und Kulturszene. Die Veranstaltung wurde mit einem fesselnden Impulsvortrag von Daniela Rippl, der Leitung des Kulturreferats München, und einer Performance von Christina D’Alberto eröffnet.
Die zweitägige Konferenz bot eine Plattform für internationalen Austausch und Präsentationen von Best Practice-Beispielen. Choreografin Emi Myoshi und Tänzerin Anna Kempin teilten ihre persönlichen Erfahrungen mit den Hürden, denen sie während ihrer Schwangerschaft gegenüberstanden. Diese reichen von Kündigungen bis hin zu einem Gefühl der Perspektivlosigkeit. Solche Geschichten stehen im Kontrast zu den Forderungen, die von Unterstützungsorganisationen wie dem Shubui Kollektiv in Freiburg laut wurden, das kreative Lösungen für die Bedürfnisse von Künstler:innen und Eltern bietet. Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem von Schauspielerin Emilia de Fries und Regisseurin Elisa Müller, die Handlungsempfehlungen für eine elterngerechte Kulturproduktion präsentierten.
Herausforderungen und Lösungen im Blick
Eines der zentralen Themen des Symposiums war die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit und die damit verbundenen finanziellen Einbußen für Eltern. Aktuelle Studien zeigen, dass Eltern jährlich im Durchschnitt 7.000 £ (rund 8.000 €) an Einkommen verlieren, während 88 % der Eltern Jobangebote wegen ihrer Verpflichtungen ablehnen. Besonders erschütternd: 49 % geben ihre Tätigkeit ganz auf. Diese alarmierenden Zahlen wurden von Nicole Fiedler und Jana Grünewald vom Dachverband Tanz Deutschland in ihren Ausführungen zur Unterstützung von Künstler:innen während der Corona-Pandemie unterstrichen.
Ein weiterer spannender Aspekt des Symposiums war die Diskussion über die Probleme, die Tanzschaffende mit Kindern bei Residenzen und Festivalreisen erleben. Diese Barrieren können die Chancen auf Erfolg gravierend mindern und gebären somit den Wunsch nach multifunktionalen Räumen für die Kulturarbeit sowie nach einer strukturellen Förderung von Care-Arbeit. Hierbei wurde auch ein neues Fördermodell für München in Aussicht gestellt, das auf die spezifischen Bedürfnisse von Eltern abzielt.
Gender Care Gap – Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Der Gender Care Gap, ein zentrales Thema des Symposiums, beschreibt den Unterschied in der Aufteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen. Laut aktuellen Daten übernehmen Frauen in heterosexuellen Partnerschaften den Großteil dieser Aufgaben. In gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zeigt eine Untersuchung, dass Männer in schwulen Beziehungen mehr Zeit mit Care-Arbeit verbringen, während Frauen in lesbischen Beziehungen tendenziell weniger Zeit für diese Aufgaben aufwenden, vor allem wegen der höheren Kinderlosigkeit. Diese Ungleichheiten sind Teil eines komplexen sozialen Gefüges, das historische Rollenbilder und gesellschaftliche Normen widerspiegelt, wie die Bundesstiftung Gleichstellung hervorhebt.
Der Gender Care Gap ist nicht nur ein Problem in den Familienstrukturen, sondern wirkt sich auch auf die Berufswelt aus, wie die Daten der Zeitverwendungserhebung belegen. Hier werden unbezahlte Arbeiten wie Haushaltsführung, Kinderbetreuung und ehrenamtliches Engagement berücksichtigt. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass nicht nur in heterosexuellen Beziehungen, sondern auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften historische Ungleichheiten vorherrschen, die die Aufteilung dieser Arbeit betreffen.
Das Symposium hatte das Ziel, diese Themen in den öffentlichen Raum zu tragen, um die Umsetzung von Ideen und die Unterstützung in prekären Zeiten voranzutreiben. Mit einem klaren Fokus auf Gleichstellung und der Förderung von Eltern in der Tanzszene wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht, um die Herausforderungen, die mit Care-Arbeit verbunden sind, anzugehen und an ihrer Überwindung zu arbeiten.