Antisemitismus in München: Jüdisches Leben zwischen Angst und Widerstand
Am 6. Oktober 2025 versammelten sich Tausende auf dem Königsplatz in München gegen Antisemitismus und zur Unterstützung jüdischer Sicherheit.

Antisemitismus in München: Jüdisches Leben zwischen Angst und Widerstand
In München spitzen sich die Anfeindungen gegen die jüdische Gemeinde seit dem erschütternden Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 dramatisch zu. Die 43-jährige Bianca, eine Jüdin aus der Stadt, schildert ihre persönlichen Erfahrungen mit wachsendem Antisemitismus, der sich in ihrem Alltag deutlich zeigt. Ihre Tochter wurde in der Schule als „Kindermörderin“ beleidigt, und ihre Nachbarn haben sich ebenfalls nicht gerade mit Ruhm bekleckert. „Dreckige Jüdin“ war beispielsweise eine der Beleidigungen, die Bianca ertragen musste. Ihr Vater traut sich nicht mehr, mit seiner Kippa in die Synagoge zu gehen, aus Angst vor Übergriffen. Das sind keine Einzelfälle, denn der Terrorangriff führte zu über 1.100 Toten und 251 Entführten in Israel und hat in Deutschland zu einem alarmierenden Anstieg des Antisemitismus geführt. Die Reaktionen hierzulande sind entsprechend betroffen.
Am Sonntag fand daher eine Kundgebung unter dem Motto „Dach gegen Hass“ auf dem Königsplatz in München statt. Laut Welt nahmen etwa 1.500 Menschen an der Veranstaltung teil, um ein Zeichen gegen Judenhass zu setzen. Dies wurde von einer Vielzahl an Organisationen unterstützt, die sich zu einem starken Netzwerk zusammengefunden haben: Das Bündnis „Dach gegen Hass“ umfasst über 200 Gruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Politische Unterstützung
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, übernahmen die Schirmherrschaft der Kundgebung. In seinen Worten betonte Söder die Notwendigkeit, jüdisches Leben in Bayern zu unterstützen und wies auf die besorgniserregende Entwicklung des Antisemitismus hin. Auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer äußerte sich und warnte vor einer wachsenden Tendenz zur Ausgrenzung jüdischer Kulturschaffender. Um ein klares Signal zu setzen, forderten die Veranstalter die Freilassung aller Geiseln durch die Hamas und eine entschlossene Haltung gegen Antisemitismus in Europa.
Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist in Alarmbereitschaft. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, berichtete von einem dramatischen Anstieg an Anfeindungen und Angriffen gegen Juden seit dem 7. Oktober 2023. Laut Deutschlandfunk sind antisemitische Vorfälle seitdem signifikant gestiegen, mit einer Dokumentation von 8.627 Vorfällen im Jahr 2024 – ein Anstieg um fast 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung zeigt, dass der Antisemitismus in Deutschland und speziell in Bayern nach wie vor ein erhebliches Problem darstellt.
Notwendige Maßnahmen
Um dem Antisemitismus entgegenzutreten, wurden verschiedene Initiativen ins Leben gerufen. Guy Katz, ein Wirtschaftswissenschaftler aus München, hat einen Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus entwickelt, der öffentlich diskutiert wird. In ihm wird betont, dass Antisemitismus ein Alltagsphänomen ist und Juden sich zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Dies kann als direkte Folge der Bedrohungen und Anfeindungen in der Gesellschaft betrachtet werden.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat zudem eine Verschärfung des Antidiskriminierungsrechts gefordert. Sie bringt die Dringlichkeit zum Ausdruck, dass mehr Schutz für Jüdinnen und Juden geschaffen werden muss, um Diskriminierung und Vorurteile abzubauen. Historiker Peter Longerich hebt hervor, dass Antisemitismus in Deutschland tief verwurzelt ist und nach wie vor erhebliche gesellschaftliche Probleme verursacht.
Inmitten dieser angespannten Situation bleibt die Hoffnung bestehen, dass die Mobilisierung vieler Menschen und Organisationen gemeinsam gegen den Hass ein positives Zeichen setzt und die gesellschaftliche Stimmung nachhaltig beeinflusst. Ein starkes, vereintes Auftreten ist unerlässlich, um dem Antisemitismus die Stirn zu bieten und eine inklusive Gesellschaft zu fördern.